Sonntag, 30. September 2012

Dolce, das Sorgenpferd?

Hallo von Dolce, dem Sorgenpferd. Wir haben jetzt fast ein Jahr gemeinsam verbracht und was soll ich Euch sagen, ich bin noch ganz am Anfang. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich habe Fortschritte gemacht, auch wenn sie unbedeutend sind, Chefin registriert sie. Ich benehme mich auf der Weide inzwischen meistens wie ein Pferd. Renne nicht mehr oder selten den Menschen hinterher, weiche aus und mache Platz, lass mich konsequent putzen, Hufe säubern und war auch beim Hufschmied und Arzt artig. Beiße und schlage nicht mehr und knurre nicht mal, höchstens liebevoll. Habe muskel- und fleischmäßig gut aufgebaut, am ganzen Körper, auch am Hals. Bin unterwegs wie ein junger Hüpfer, kann ordentlich Gas geben und habe Freude beim Rennen. Meine Augen sind wach und klar. Ich lasse mich super halftern und führen. Warte, wenn ich warten soll, laufe, wenn ich laufen soll. Geh zur Seite, drehe mich. Bin beim Spazieren im Gelände brav und willig. Beim Führtraining ebenso. Das Reiten haben wir vorerst nicht mehr geübt. War zu krank und es ist nicht wichtig. Nicht in dem Stadium, indem ich mich befinde. Ich durchlaufe erfolgreich die Fohlengrunderziehung. Nur meine Größe passt nicht zu meiner Entwicklung. Und mein rossiges Verhalten gegenüber dem Menschen stört meine Fortschritte. Da geht dann nämlich in dem Moment garnichts. Leider.

Meine Ausbildung ist jetzt der Plan B von Chefin. Erst wollte sie einfach nur Grunderziehung und Korrektur. Nun hat sie sich entschieden, vom Stand Null auszugehen. Ich bin damals mit Flasche groß geworden und habe ein sehr intensives Verhältnis zum Menschen. Er ist für mich das Wichtigste in meinem Leben. Wenn ich mich entscheiden müsste zwischen Pferd und Mensch, würde ich mich immer für den Menschen entscheiden. Chefins Plan ist simpel. Ich muss Pferd werden. Ich bekomme Aufmerksamkeit, die ich brauche, aber nie zuviel, eher sparsam. Ich bekomme Regeln beigebracht, lerne mit Pferden auszukommen, bin nie separiert, sondern Tag und Nacht mit meinesgleichen. Lerne Rangordnung und Freundschaft in der Herde. Lerne mich durchzusetzen und den Menschen als Abwechslung, aber nicht als Lebensinhalt zu schätzen. Meine körperlichen und psychischen Defizite führen zu Dauerrosse gegenüber dem Menschen und behindern mich in meiner Entwicklung. Je mehr Zeit vergeht, indem ich nicht tragend werde, desto weniger habe ich hormonelle Schwierigkeiten und desto weniger rosse ich beim Menschen. Ich werde ruhiger, ausgeglichener, lebensfroher und mutiger. Die Regelmäßigkeit und Stetigkeit in meinem Umfeld schafft mir Vertrauen und hilft mich, zu entwickeln. Die großen Weiden entsprechen meinem erheblichen Bewegungsdrang. Die Offenstallhaltung nützt mir, mich zu bewegen und mit den Pferden zu kommuniziieren. Meine Einstufung als Aufzuchtpferd sorgt für eine solide Basis in meiner Erziehung und hilft mir, schlechte Verhaltensmuster abzulegen, die durch Unter- oder Überforderung entstanden sein können. Ich werde entsprechend meiner Verfassung, körperlich als auch psychisch, mal mehr, mal weniger intensiv gearbeitet, jedoch noch nicht als Reitpferd. Sie behandeln mich derzeit wie ein Fohlen, was mental und körperlich nicht soweit ist, um in Arbeit zu kommen.

Und das bin ich im Prinzip auch. Ich brauche einfach die Zeit. Und ich werde es zurück zahlen, jede einzelne Sekunde, die ich "unnütz" bin, jeden einzelnen Cent, der meine Krankheit und Unreitbarkeit kostet. Ich bin neun Jahre alt. Ich bin noch nicht zu alt, um gesund zu werden und dem Menschen als Partner zu dienen. Lasst mir meine Zeit und schützt mich vor Überforderung. Ihr bekommt es wieder, versprochen. Ich liebe Menschen und deshalb werde ich Euch ein richtig super Partner werden.