Dienstag, 15. November 2011

Ankunft auf der Ranch

Der Tag meiner Reise ins neue Leben. Ich bin stinksauer. Sie haben mir mein Baby doch wieder weggenommen. Nicht mal ordentliches Futter habe ich gekriegt. Wegen meiner Milchproduktion. Der Stress setzt mir zu. Ich bin klapperdürr, mir ist kalt und ich bin einsam und verzweifelt. Dann kommt die Neue. Meine Besitzerin verfrachtet mich in den Hänger. Das wird ein ganz schöner Kampf. Ich habe keinen Bock drauf. Aber im Hänger gibt es wenigstens was zu essen. Was denn jetzt, die Klappe ist zu. Ich kloppe den Hänger klein, wenn ich hier nicht raus komme. Oh, jetzt muss ich aufpassen. Das Ding bewegt sich. Ich habe mächtig Schwierigkeiten. Da meine Zehen zu lang sind und meine Hufe ausgebrochen, kann ich mich schwer halten. Aber das Heu tröstet mich. Sobald der Hänger steht, kloppe ich wieder. Lasst mich raus, verdammt noch mal. Die Fahrt dauert ewig, habe ich das Gefühl. Meine neue Chefin fährt langsam, als wenn ich ein rohes Ei wäre, aber ich habe wirklich Schwierigkeiten. Durch meine Angstschi… wird es jetzt auch noch rutschig.
Irgendwann kommen wir endlich an. Bloß raus hier. Ich gehe gleich mal allein. Meine Chefin hat keine Chance. Lass mich bloß in Ruhe. Wo bin ich denn jetzt hier gelandet? Es ist neblig, kalt und die Wiese ist gefroren. Ich laufe erst mal hin und her. Da kommen Pfeeerrrddddeee, wie schön – ich bin nicht allein. Die sind zwar hinterm Zaun, aber neugierig. Scheinen auch nicht böse zu sein. Die eine kommt mir bekannt vor. Sieht aus wie ich, nur schwarz und schööön. Ich will auch so schön sein. Die hat so tolle Muskeln und Fleisch und schwarzes glänzendes Winterfell. Ich dagegen bin bis auf die Knochen abgemagert, habe fast überhaupt keine Muskeln und dünnes fuchsfarbenes Fell. Aber auf meine Blesse bin ich stolz. So eine hat keine. Und größer bin ich auch. Wenigstens etwas. Meine Chefin erzählt mir, dass wir denselben Großvater haben - Donnerhall, war irgendein Superhengst. Was interessiert‘s mich. Davon fühle ich mich auch nicht besser.
Mit meiner Chefin habe ich mich inzwischen auch angefreundet. Sie gibt mir Sicherheit, passt auf mich auf, gibt mir Futter und Wasser. Ich laufe ihr hinterher wie ein Hündchen, ich habe Angst, dass sie mich allein lässt. Aber das macht sie erst mal nicht. Ich sehe sie die ganze Zeit irgendwo wuseln, misten, Heu machen, Zäune spannen. Zwischendurch kommt sie immer wieder zu mir auf die Wiese. Jetzt hat sie mir grad erzählt, dass ich doch keine Box bekomme. Wassss? Wo soll ich denn hin? Ich sei viel zu dünn und auch so aufgeregt. Sie hat Angst, dass ich mir was weghol‘. Ich ziehe zu den Haflingern und Shettis in den Offenstall. Die freuen sich, da bekommen sie jetzt die nächsten Tage mehr Futter wegen mir. Ich habe keine Probleme mit den Dicken, die tun mir nichts. Meine Chefin hat das auf der Weide überprüft. Ich bin denen wahrscheinlich zu groß. Ich denke, dass die große Schwarze das mit den Haflingern schon geklärt hatte. Apropos Weide. Nachdem der Nebel und der Frost endlich weg waren, durften wir alle raus, aufgeteilt natürlich. Hat die nicht tatsächlich noch Weide mit Gras drauf? Richtig Futter? Wahnsinn. Das ist so lecker. Langsam komme ich zur Ruhe. Die eine Fuchsstute, die wohl auch noch nicht so lange hier ist, folgt mir auf Schritt und Tritt. Ist fast schon unheimlich. Aber die ist nicht böse. Nur ein wenig panisch zu den Menschen. Wer weiß, was die für Probleme hat. Mich scheint sie toll zu finden. Ich, naja, schauen wir mal. Die große Schwarze interessiert mich mehr, die steht aber auf der Nachbarweide und guckt immer rüber. Zwei Giftziegen sind auch da drüben. Die spielen sich auf. Na wartet, wenn ich Euch erwische. Dann ist da noch eine, die scheint die Mutter von der kleineren Schwarzen zu sein. Die greift immer ein, wenn die Kleine zu mir an den Zaun kommt. Das kenne ich. Das ist auch so eine Supermutti wie ich. Löwenmutter, sagt Chefin dazu. Die kam auch als Pferd des Grauens zu ihr. Aber die durfte wenigstens ihr Baby mitbringen. Aber jetzt scheint sie in Ordnung zu sein. Ich werde auch in Ordnung. Versprochen. Wenn Chefin das Richtige tut. Hoffentlich weiß sie, was sie tut.

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